Medien & Kommunikation studieren!
Was machen wir in der Lehre?
Wir befassen uns mit allen Medien, die vorwiegend Schriftsprache nutzen und die überwiegend (aber nicht nur) gelesen werden, also zum Beispiel mit gedruckten Büchern, Zeitungen und Zeitschriften genauso wie mit E-Books, Apps oder Blogs. Wir fragen uns dabei stets, wie diese Medien hergestellt, verbreitet und genutzt werden, und welche Auswirkungen das auf Kultur und Gesellschaft hat oder haben könnte.
Damit man das besser versteht, werfen wir immer auch einen Blick darauf, wie sich das alles bis heute entwickelt hat, zum Beispiel warum Bücher erst Papyrusrollen, dann Pergament- und Papierkodizes waren oder heute eben auch digitale Dateien sind. Oder warum Drucker früher auch Verleger waren, die meisten Verlage heute aber gar keine Druckmaschinen, sondern eigene Server haben. Oder warum der Buchdruck eine Medienrevolution war, die Digitalisierung aber vielleicht auch.
Im Studium lernst Du dabei die Unterschiede zwischen verschiedenen Medien, Herstellungskontexten und Lese- und Nutzungspraktiken kennen und wer daran eigentlich wie beteiligt ist. Und Du erfährst, ob manche Medien vielleicht besser darin sind uns zu informieren, zu bilden oder zu unterhalten und warum das eigentlich so ist. Dabei fragen wir uns auch, ob das alles so gut funktioniert oder ob man das nicht auch besser machen könnte.
Beispiele aus unseren Arbeiten
Exemplarisch werden hier einige Erlanger Projekte beschrieben, die aufzeigen, welchen spannenden Fragen sich nicht nur die Mitglieder des Instituts, sondern auch die Studierenden in ihren Seminaren, Projekten und Abschlussarbeiten widmen können.
Klickst Du noch oder liest Du schon?
Digitale Schrift- und Lesemedien sind eine Melange aus einem inhaltstragendem Medium, das man rezipieren kann, und Software, die die Benutzung ermöglicht.
Als Rezeptionsobjekte müssen diese Medien ihre kommunikativen Leistungen erfüllen und dem Rezipienten das Lesen als Prozess der Entnahme von Sinn ermöglichen. Dieses ist gleichzeitig der primäre Daseinszweck eines Schrift- und Lesemediums. Dieser Fakt alleine liefert auch zu eine relevante medienwirtschaftliche Perspektive, denn Güter, die ihren Zweck im Sinne eines Problemlösens nicht erfüllen, werden keinen Markterfolg haben. Theorien und Konzepte für Arbeiten an solchen Überlegungen stammen aus den Arbeitsgebieten Rezeptions- und Leseforschung, aus der Typografie und dem Kommunikationsdesign, aus der Literaturwissenschaft in Form der Textsorten- und Textverständlichkeitsforschung und aus den Wirtschaftswissenschaften.
Als Nutzungsobjekte müssen die digitalen Schrift- und Lesemedien bedienbar sein, sie müssen bestimmte funktionale Anforderungen erfüllen: man muss »Seiten« umblättern, Lesezeichen setzen, Markierungen vornehmen oder interessante Passagen teilen können. Arbeiten zur Mediennutzungspraktiken, aber auch zur Gebrauchstauglichkeit und zur Oberflächengestaltung und Ergonomie sind für diese Perspektive hilfreich. Die Relevanz des Themas zeigt sich u.a. darin, dass die Gesellschaft für Informatik die Mensch-Computer-Interaktion als eine Grand Challenge deklariert hat: »In unserer immer mehr von digitalen Kommunikations- und Informationsangeboten bestimmten Welt entscheidet die wirkungsvolle Nutzung von Computern – insbesondere die Interaktion zwischen Mensch und Computer – zunehmend über persönlichen Erfolg und gesellschaftliche Teilhabe«. Die Buchwissenschaft kann mit den Schrift- und Lesemedien interessante Analyseobjekte liefern, die bisher typischerweise – trotz des Verweises auf die Relevanz der gesellschaftlichen Teilhabe – wenig im Fokus einer solchen Fragestellung stehen.
Zum Nachlesen
Hagenhoff, Svenja: Von neuen Tieren, Überschusssinn und Nebel. In: Kultur Management Network Magazin. H. 231 (2018), S. 16-21.
Kuhn, Axel; Hagenhoff, Svenja: Kommunikative statt objektzentrierte Gestaltung: Zur Notwendigkeit veränderter Lesekonzepte und Leseforschung für digitale Lesemedien. In: Sebastian Böck, Julian Ingelmann, Kai Matuszkiewicz und Friederike Schruhl (Hg.): Lesen X.0. Rezeptionsprozesse in der digitalen Gegenwart. Göttingen 2018, S. 27–45.
Welche Ressourcen und Techniken braucht man für die Schriftmedienkommunikation?
Das System der Schriftmedienkommunikation erfordert den Einsatz verschiedener (knapper) Ressourcen, um funktionstüchtig zu sein.
Papier war jahrhundertlang elementarer Beschreibstoff und lange Zeit die wertvollste und teuerste Ressource der modernen Schriftmedienindustrie. Ohne diese Ressource wären die Verbreitung von Wissen und Information und darauf basierende Geschäftsmodelle der Medienwirtschaft nicht möglich gewesen, weswegen der Produktion und dem Handel mit Papier ab dem Mittelalter eine ähnliche Bedeutung beigemessen werden kann wie heute der Internettechnologie und den hierauf beruhenden Infrastrukturen zur Verbreitung von Information.
Ebenfalls waren Bleilettern, Setzerschiff und Druckerpresse unverzichtbare Techniken, mit denen Schrift- und Lesemedien – teils sogar noch bis in die 1980er Jahre – hergestellt wurden. Das Material war knapp, die Leistungsfähigkeit einer manuellen Druckerpresse auf die Energie des Menschen beschränkt, der sie bedient hat. Heute geschieht das Publizieren von schriftbasierten Medien und das Kommunizieren mit Hilfe von Buttons und Tastaturen, die jeder bedienen kann: Publishing is not a job anymore. That’s a button. There’s a button that says ›publish‹ and when you press it, it’s done. Trotzdem: auch der Button und die darunterliegende Softwarelogik und technische Infrastruktur muss jemand erschaffen und bereitstellen, Investitionen tätigen, die mit Hoffnung auf wirtschaftlichen Erfolg verbunden sind. Und dann stellt(e) sich z.B. auch die Frage, ob für wohlmöglich mächtige Akteure auf dem Kommunikations- und Medienmarkt besondere Verhaltensweisen formuliert wurden oder werden sollten.
Egal ob Papier, Bleilettern und Druckerpresse oder Elektronische Devices, Softwarelogik und Datenbestände: Diskussionen um Techniken, Akteursverhalten, Marktstrukturen und Regulierungen mit historischem Fokus sind in ihrem grundsätzlichen Erkenntnisinteresse nicht anders gelagert als im Falle des Bezugs zu gegenwärtigen Problemen – die nicht automatisch völlig neuen Problemklassen nur wegen des Gegenwartsbezugs angehören.
Zum Nachlesen
Bellingradt, Daniel: Paper networks and the book industry. The business activities of an eighteenth-century paper dealer in Amsterdam. In: Bellingradt, Daniel; Nelles, Paul; Salman, Jeroen (Hrsg.): Books in Motion in Early Modern Europe. Beyond Production, Circulation, and Consumption. Basingstoke 2017, S. 67-85. http://www.palgrave.com/de/book/9783319533650.
Hagenhoff, Svenja: »Außer Kontrolle«: Alte und neue Informationsfluten im Publikationswesen. In: Freiburg, Rudolf (Hrsg.): D@tenflut. Erlangen 2017. S. 77-98.
Literaturvermittlung Live
Das Publikum liebt Live-Darbietungen von Literatur: »Die Nachfrage auf die Begegnung mit Autoren, live oder virtuell, auf jeden Fall echt und authentisch, greifbar oder anklickbar, nimmt seit Jahren zu.« Daneben gibt es auch eine kritische Sicht auf das Phänomen: Hier wird die »Eventisierung von Literatur« beklagt und befürchtet, dass Literaturveranstaltungen vom Lesen abhalten. Schaden Literaturveranstaltungen somit der Buchbranche?
Will man nicht in Schwarz-Weiß- und Gut-Schlecht-Dichotomien denken und argumentieren, gilt es, das Ganze differenziert zu betrachten. Das Zugänglichmachen von Inhalten findet nicht mehr über ein Schrift- und Lesemedium statt, sondern Autor*innen und Publikum begegnen einander direkt. Wie verändert es den Rezeptionsprozess, wenn Textproduzent*innen aus Fleisch und Blut präsent sind und das Publikum einerseits von Gleichgesinnten umgeben ist, die ihm aber andererseits idR. fremd sind? Schrift- und Lesemedien bleiben bei diesem Prozess niemals außen vor, sondern werden gefeiert und innerhalb von Stätten des Literaturbetriebs präsentiert – allerdings nicht nur dort. Welche Organisationen sind an der Literaturvermittlung beteiligt? Die Bandbreite an Literaturveranstaltungen ist groß und genauso vielschichtig ist die Publikumszusammensetzung – dass Poetry Slams ausschließlich von jungen Leuten besucht werden, ist ein Vorurteil. Welche Formen von Literaturveranstaltungen gibt es und wie begegnen dort Autor*innen und Publikum einander? Literaturvermittlung Live stellt eine weitere Variante dar, wie Literatur in ihren vielfältigsten Formen verbreitet werden kann. Welche Rolle spielt diese Form des kollektiven Austauschs und welche Bedeutung hat sie für unterschiedliche Nutzergruppen?
Mit ihrem interdisziplinären Zugang ist die Buchwissenschaft in der Lage, auf diese Fragen, die bislang zumeist disziplinenspezifisch verengt betrachtet wurden, Antworten zu liefern.
Zum Nachlesen
Rühr, Sandra: Literaturkritik im Spannungsfeld zwischen Klarheit und Kommerzialisierung. Reich-Ranicki im Literarischen Quartett. In: Bartl, Andrea; Behmer, Markus (Hrsg.): Die Rezension. Aktuelle Tendenzen der Literaturkritik., Würzburg 2017, S. 61–78.
Mooks und Bookazines
Mooks oder Bookazines sind ein Phänomen, das verstärkt seit den 2010er Jahren auftritt. Die beiden Kofferwörter umschreiben hierbei einen Trend, bei dem die Schrift- und Lesemedien Buch und Magazin miteinander zu verschmelzen scheinen, so dass eines die Eigenschaften seines Kompagnons übernimmt und Nutzer*innen nicht mehr mit Bestimmtheit sagen können, was sie hier lesen.
Haben wir es hierbei mit einem Marketingtrend zu tun, der verschleiern will, dass ein Magazin ein Magazin ein Magazin ist? Ist es das neue »Erfolgs-Format für Verlage«? Sollen die optisch ansprechenden und haptisch schmeichelnden Magazine lediglich ein »Kuscheln mit der Zeitschrift« ermöglichen? Auch wenn auffallend häufig betont wird, dass sich die Magazinmacher in Zeiten der Digitalisierung bewusst für Print und das ihm zugeschriebene sinnliche Erleben entschieden haben, haben nahezu all diese Mooks auch einen Internetauftritt, der deutlich von der gedruckten Variante abweicht. Manche spielen mit ihrer Form und treten als Objektmagazine vor die Nutzer*innen oder sind Teil einer vielgestaltigen Marke.
Doch wie sind diese Mooks und Bookazines organisiert? Wer sind ihre Macher? Wie sind sie beschaffen – gedruckt wie auch digital? Welche Netzwerke, Szenen und Gedankengemeinschaften finden hier zusammen? Welche Verlage und sonstigen Organisationen dienen ihrer Herstellung und Verbreitung? Welche Aufgaben sollen sie erfüllen und erfüllen sie tatsächlich? All diese Fragen lassen sich mit dem systemischen Zugang der Buchwissenschaft beantworten und liefern spannende neue Erkenntnisse im Verbund der Schrift- und Lesemedien.
Sozialisation: Wie Kinder und Jugendliche Medien nutzen
Es scheint eine Binsenweisheit zu sein: Die Grundlagen des individuellen Mediennutzungsverhaltens werden in der Kindheit geschaffen. Doch wie geschieht dies im 21. Jahrhundert?
Wie niemals zuvor bestimmt eine mediale Vielfalt die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen, begleitet von zum Teil heftig geführten Diskussionen darüber, welche Inhalte und welche medialen Formen für welche Altersstufen geeignet seien oder eben nicht. Die Erlanger Buchwissenschaft schaut sich diese Entwicklung genauer an, indem sie in Lehre und Forschung sowohl die wissenschaftlichen Diskurse zur Mediennutzung analysiert als auch durch empirische Projekte mit studentischer Beteiligung die Praxis der Mediennutzung in Kindergärten, Grund- und weiterführenden Schulen untersucht.
Bereits seit mehreren Jahren hat sich die Zusammenarbeit des Instituts für Buchwissenschaft an der FAU mit dem Landkreis Forchheim bei Projekten bewährt, die sich mit Fragen der Lesesozialisation und Mediennutzung bei Kindern und Jugendlichen befassen. Nachdem in den Jahren 2015 und 2016 die Rolle von Medien bei der Integration von Flüchtlingen in den Blick genommen wurde und im Rahmen der Tagungsreihe innovation@publishing diskutiert wurde (vgl. den Jahresbericht des Instituts für Buchwissenschaft 2016, S. 89–91), beschäftigt sich das aktuelle Projekt mit dem Mediengebrauch in Kindertagesstätten und Grundschulen.
Der Begriff Literacy zeigt, dass Schriftmedien, Lese- und Schreibkompetenz bei dem Projekt im Mittelpunkt stehen: Welche Konzepte und Strategien gibt es in Kindergärten und Grundschulen für den Umgang mit Schriftmedien im Kontext verschiedener, zunehmend digitaler Medienangebote?
Zum Nachlesen
Titel, Volker: Literacy in Kindertagesstätten und Grundschulen. In: Jahresbericht des Instituts für Buchwissenschaft 2017, S. 65f.
Und was kann man damit später machen?
Die Palette der späteren Einstiegsmöglichkeiten in den Beruf ist breit.
In Medienunternehmen, insb. in Verlagen, kommen sämtliche Funktionsbereiche, wie Lektorat, Marketing und Vertrieb, Presse oder Lizenzen, in Frage, aber auch Stabsstellen wie die Assistenz der Geschäftsführung oder in der Unternehmensentwicklung sind attraktiv. Von zunehmend größerer Bedeutung wird die IT-Abteilung. Ein gutes Fachwissen um Prozesse und die Branche, gepaart mit soliden, anwendungsorientierten Technologiekenntnissen, eröffnen große Chancen.
Auf der Distributionsstufe, also im Buch-, Presse- oder allgemeiner Medienhandel, geht es heute um die Logistik physischer und digitaler Medien, Informationsmanagement und Kundenorientierung. Absolventen können z. B. als Kundenbetreuer für Fachmedien arbeiten und sich um die Versorgung der zahlreichen Bibliotheken oder weiterer professioneller Informationsnachfrager kümmern. Insbesondere für technologieaffine Studierende tut sich ein großes Potenzial auf.
Weitere fachnahe Alternativen sind Kommunikationsagenturen, Kommunikationsabteilungen von großen Unternehmen oder Kultureinrichtungen, wie z.B. Museen.
Absolvent*innen unserer Studiengänge arbeiten z.B. bei Random House, bei der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, beim Ravensburger Spieleverlag, beim Gmeiner-Verlag, beim S. Fischer Verlag, bei BW Bildung und Wissen Verlag und Software, bei der Birke und Partner Kommunikationsagentur, im Germanischen Nationalmuseum, bei Thalia.